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Kaffee und Flüssigkeitszufuhr

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Zum Kaffee (k)ein Glas Wasser!?
Die Zufuhr von Wasser nach dem Kaffee verdünnt nicht nur die Röststoffe des Kaffees, sondern liefert auch für die diuretische = harntreibende Wirkung des Kaffees die notwendige Flüssigkeit. (10) Nicht umsonst bekommt man in südlichen Ländern stets ein Glas Wasser zum Kaffee oder Espresso dazu um den Flüssigkeitshaushalt in einem ausgeglichenen Zustand zu halten. Diese Praxis beruht aber angeblich auf einem Fehlschluss! Kontroverse Diskussion Ob Kaffee zu der täglich aufzunehmenden Flüssigkeit anzurechnen ist, wird kontrovers diskutiert.

    • Plakativ behauptet die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V., Bad Aachen: „Also ist Kaffee wie Mineralwasser ein Getränk und kein Diuretikum“…(3) und begründet diese Aussage mit dem Ergebnis zweier Studien:“Eine im renommierten Journal of the American College of Nutrition veröffentliche Studie, untersuchte den Einfluss koffeinhaltiger, koffeinfreier, kalorienhaltiger und energiefreier Getränke auf den Flüssigkeitshaushalt. Als Messgröße diente der 24-Stunden-Urin. Der Konsum koffeinhaltiger Getränke bewirkte im Vergleich zu Wasser keinen bedeutsamen Anstieg des Urinvolumens. Die Forscher kamen zum Ergebnis, dass es keine signifikanten Unterschiede in der Wirkung der verschiedenen Getränke auf den Flüssigkeitshaushalt gibt und Koffein damit keinen negativen Einfluss auf die Flüssigkeitsbilanz ausübt. Koffeinhaltige Getränke sind nach Ansicht der Autoren der Flüssigkeitsbilanz ebenso wie koffeinfreie Getränke anzurechnen. (1) Zu diesem Ergebnis kamen auch die Autoren einer Übersichtsarbeit die im Jahr 2003 im Journal of Human Nutrition and Dietetics veröffentlicht wurde. Die systematische Auswertung von Studien aus den Jahren 1969 bis 2002, die den Einfluss von Kaffee und koffeinhaltigen Getränken auf den Wasserhaushalt des Körpers untersuchten, ergab, dass die üblicherweise getrunkene Menge an Kaffee, Tee und anderen koffeinhaltigen Getränken keine erwähnenswerte diuretische Wirkung aufweist. Lediglich eine akute Dosis von 250 bis 300 Milligramm Koffein resultiert bei Personen, die zuvor über einen Zeitraum von mehreren Tagen oder Wochen kein Koffein zugeführt haben, in einer kurzfristig gesteigerten Urinproduktion. Bei Personen die an Koffein gewöhnt sind, zeigt sich eine gesteigerte Flüssigkeitsausscheidung erst bei einer Dosis von mehr als 300 Milligramm Koffein, das entspricht etwa 4 Tassen Kaffee. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass dem regelmäßigen Verzehr koffeinhaltiger Getränke nichts entgegen zu setzen ist, wenn in der Summe täglich nicht mehr als 300 Milligramm Koffein aufgenommen werden. (2)“
    • Zum gleichen Resultat, allerdings in einer wesentlich dezidierteren Aussage unter Nennung derselben ausgewählten Literaturquellen kommt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bereits im April 2004:“In einer bilanzierten Crossover-Studie bei 18 Freiwilligen fanden sich nach mehrtägigem Konsum identischer Mengen verschiedener coffeinfreier und -haltiger Getränke in den 24-Stunden-Sammelurinproben keine Unterschiede des Volumens, der Osmolalität und der Elektrolytausscheidung. (2) Wird Kaffee regelmäßig in konstanter Menge konsumiert, so besteht keine erhöhte Diurese und Natriurese, infolge des erhöhten Aktivitätsniveaus verschiedener Kompensationsmechanismen (Escape Phänomen). Regelmäßiger und gleichmäßiger Konsum von Kaffee beeinflusst den Flüssigkeitshaushalt allein durch die mit dem Kaffee zugeführte Wassermenge. Bei einmaligem Genuss kleiner Mengen von Kaffee reichen 24 Stunden aus, um die geringe einmalige diuretische und natriuretische Wirkung des Coffeins mit einer Plasmahalbwertszeit von 3-7 Stunden durch Gegenregulationsmechanismen zu kompensieren. Das Getränk Kaffee ist ein wichtiger Teil der täglichen Gesamt-Wasserzufuhr. In der Flüssigkeitsbilanz kann Kaffee in aller Regel so wie jedes andere Getränk behandelt werden.\r\nDie Geschichte vom Kaffee als Flüssigkeitsräuber beruht auf einem Irrtum, ist also eine Mär.“ (4)
    • Das Forscherteam um Kristin J. Reimers am „Center for Human Nutrition University of Nebraska Medical Center“ in Omaha/USA fand heraus, dass es keinen Unterschied in der Flüssigkeitsbilanz von Erwachsenen macht, ob sie ihren Flüssigkeitsbedarf über verschiedene Getränke oder Getränke plus zusätzlich purem Wasser zu sich nahmen. Die Zusammensetzung des Getränkemenüs orientierte sich dabei am durchschnittlichen Konsumverhalten der amerikanischen Bevölkerung. Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Tee, Cola, etc. wurden berücksichtigt, während Milch und alkoholische Getränke bewusst ausgeschlossen waren. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse der Studie im April 2003 im „Journal of the American College of Nutrition“. (5) Die bisher übliche Empfehlung, neben der normalen Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr noch diverse Gläser Wasser (Inhalt insgesamt 2 – 2,5 l) zu sich zu nehmen, verbunden mit der Warnung vor der diuretischen, sprich entwässernden Wirkung von koffeinhaltigen Getränken, vermag Reimers nicht zu teilen. Sie betont, dass sich die Verbraucher auf eine Vielzahl von Getränken stützen können, z. B. auch auf Kaffee und Tee, und sich keine Sorgen machen müssen, wenn ihnen nicht täglich der zusätzliche Genuss von Wasser möglich ist. (5) Bereits in einer früheren Untersuchung an derselben Universität hatte eine Forschergruppe um Ann C. Grandjean, Kristin J. Reimers u. a. dieselben Effekte von koffeinhaltigen und nicht-koffeinhaltigen Getränken auf Menschen innerhalb einer Zeitspanne von 24 Stunden untersucht. Ergebnis auch dieser Studie war, dass der Konsum koffeinhaltiger Getränke nicht in signifikanter Weise die Urinproduktion erhöht. (1)\r\nWas unterscheidet die neue Studie (2003) von den früheren Untersuchungen? Die Forscher verzichteten auf eine unrealistisch hohe Koffeindosierung und die Testpersonen mussten nicht eine längere Zeitspanne (von einigen Tagen bis zu drei Wochen) vor dem Versuch auf koffeinhaltige Getränke verzichten. Und in der Tat scheint es so zu sein, dass Personen, die regelmäßig koffeinhaltige Getränke in durchschnittlichem Umfang genießen, nicht von der diuretischen Wirkung betroffen sind, denn die entwässernde Wirkung des Koffeins in reiner Form scheint durch die Darreichungsform eines koffeinhaltigen Getränkes ausgeglichen zu werden. (6)

Tatsache ist: Die diuretische, also den Harnfluss verstärkende Wirkung von Koffein ist seit über 100 Jahren bekannt. Sie beruht hauptsächlich darauf, dass Koffein die Durchblutung der Niere steigert und dadurch deren Aktivität erhöht. Außerdem hemmt es (ebenso wie Alkohol) die Produktion des Hormons ADH, auch Vasopressin genannt. Dieses ADH wiederum hemmt die Flüssigkeitsausscheidung der Niere. Infolge einer geringeren ADH-Produktion steigt also zusätzlich die Flüssigkeitsausscheidung. Zum Teil werden auch noch andere Stoffe wie zum Beispiel Gerbstoffe für die diuretische Wirkung verantwortlich gemacht. Die meisten Deutschen entscheiden sich täglich für ihre Tasse Kaffee – immerhin 73 Milliarden Tassen trinken wir Deutschen jährlich. In jeder Tasse des anregenden Getränkes stecken dabei 100 mg Koffein. (7) Der Alltag zeigt, dass Menschen ganz unterschiedlich auf Kaffeekonsum reagieren. Zu verschiedenen Studienaspekten können entsprechende Probanden herangezogen werden, aber die einzelnen Studien sind in ihren Ansätzen und Resultaten kaum vergleichbar und haben für uns im Alltag wenig Relevanz. (8) Es ist daher schwierig, genau zu beziffern, wie viel Flüssigkeit man verliert, wenn man einen Liter Kaffee trinkt. Verschiedene Faktoren, um nur einige zu nennen, spielen dabei eine Rolle:\r\n- die Flüssigkeitsbilanz – die diuretische Wirkung (individuell unterschiedlich) – der Gewöhnungseffekt (teils abstinenter, gelegentlicher oder starker Kafffeetrinker)\r\n- die Verteilung des Kaffeekonsums über den Tag (Kaffee in Abständen über den Tag genossen oder größere Mengen Kaffee in relativ kurzer Zeit) – die Menge und Konzentration des Kaffees insgesamt (vgl. Tabelle): Tab: Zusammenhang zwischen Koffein-Aufnahme und Urin-Ausscheidung (2)

Caffeine dose (mg) Diuretic effect Reference
642 Yes Neuhäuser-Berthold et al. (1997)
586 Yes Wemple et al. (1996)
360 Yes Passmore et al. (1987)
250 Yes Robertson et al. (1978)
300 No Dorfman & Jarvik (1970)
253 No Grandjean et al. (1987)
180 No Passmore et al. (1987)
114 No Grandjean et al. (1987)
90 No Passmore et al. (1987)
45 No Passmore et al. (1987)

Fazit: Die alte Regel, man dürfe koffeinhaltige Getränke und Alkohol bei der täglichen Flüssigkeitsaufnahme nicht mitrechnen, ist nicht wörtlich zu nehmen, sondern eher sinngemäß zu verstehen: Denn den Flüssigkeitsbedarf ausschließlich über diese Getränke zu decken ist allein unter gesundheitlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll. (9) Kaffee sollte als Genussmittel, weniger als Getränk konsumiert werden. Den vorliegenden Literaturquellen zufolge schlagen aber 3-4 Tassen Kaffee täglich nicht zu Buche, d. h. diese Flüssigkeitsmenge ist der Flüssigkeitszufuhr insgesamt pro Tag hinzuzurechnen. Unter Berücksichtigung individueller Unterschiede wird die diuretische Wirkung dieser Kaffeemenge vernachlässigbar sein, eine zusätzliche Zufuhr von Wasser zum Ausgleich der Flüssigkeitsbilanz (das obligatorische Glas Wasser zum Kaffee) ist somit nicht notwendig. 

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